Das Alte Reich
Nachdem die Thiniten (1.-2. Dynastie) das Land abgegrenzt und gegen die Feinde gesichert hatten, kam es im Alten Reich (3.-6. Dyn., 2665-2155 v. Chr.) zu keinen nennenswerten Kriegen mehr. Die Geschichte des 3. Jahrtausends ist daher keine Geschichte von Eroberungen und Schlachten, sondern eine Geschichte des Geistes.
Die überragende Königsgestalt der 3. Dynastie (2665-2600 v. Chr.) ist Djoser, und ihm zur Seite steht sein kongenialer Baumeister und Staatsrat, Imhotep, der noch von den Griechen unter dem Namen Imuthes als Heiliger verehrt wird. Als Grabmal für Djoser reckt sich die erste „Pyramide“ auf, die 6-stufige Rechteckmastaba von Sakkara, deren Nebenbauten, die neu gewonnene Ordnung, wie sie sich in den Verwaltungsbauten repräsentiert, in Stein verewigen.
Die 4. Dynastie in Ägypten ist die Zeit der großen Pyramidenerbauer (2600-2480 v. Chr.) Cheops, Chephren und Mykerinos, deren Grabmäler im Totenfeld von Gisa aufragen. Dass der Vorgänger und Bruder des Chephren, Djedefre, seine Pyramide bei Abu Roasch begann, dass seine Nachfolger und Brüder sich mit ihm befehdeten, könnte auf Auseinandersetzungen über die Königstheologie, das Verhältnis Pharaos zu Gott, und die daraus entspringenden Bräuche schließen lassen. Es dürfte außer Zweifel stehen, dass die Form des königlichen Grabmals ein Gegenstand dieses Streits gewesen ist – hängt doch am Wohlergehen auch des toten Königs das Heil in dieser Welt. So war die rituell richtige Bestattung nicht eine zentrale Frage, sie war eine Existenzfrage. Der Sohn und Nachfolger des Mykerinos, Schepseskaf, ließ sich keine Pyramide mehr bauen, sondern bei Sakkara ein Grabmal in der Form eines riesigen Sarkophages.
Die nach ihm zur Regierung kommende 5. Dynastie in Ägypten (2480-2320 v. Chr.) hat ihr archäologisches Gesicht durch die Heiligtümer für den Sonnengott Re. Innerhalb eines offenen Hofes erhob sich auf einem hohen Sockel ein Obelisk, auf dessen Spitze die aufgehende Sonne Platz nahm, während sie mit ihren Strahlen die Opfergaben erfasste, die auf dem davor stehenden Altar niedergelegt wurden. Der Sonnenglaube hatte sich durchgesetzt und war offiziell anerkannt. Gleichsam das Gegenbild der Glaubensmöglichkeit spiegelt die in der 5. Dynastie hochkommende Osirisreligion.
Der König als oberster Herr des Landes, der in den beiden ersten Dynastien als höchster Weltgott noch in geheimnisvoller Weise in die Schöpfung einbezogen war, wird zum Sohn Gottes.