Das Mittlere Reich
Zwei bis drei Generationen „dreht das Land sich um wie eine Töpferscheibe“, das Gültige übersteht, und aus den Trümmern erhebt sich phönixhaft der Staat aufs Neue, wenn auch verändert durch die Erfahrungen der Wirrzeit. Mentuhotep von Theben, König der 11. Dynastie (2130-1991) und Nachfolger der dortigen Fürsten namens Antef, vereint das Land, nachdem er die Herakleopolitaner besiegt hat. Amenemhet, der Wesir des letzten Königs der 11. Dynastie, stürzt seinen Herrn und begründet mit seiner Thronbesteigung die 12. Dynastie (1991-1786 v. Chr.). Als Regierungssitz wählte er Lischt auf der Höhe des nördlichen Faijum. Der Staat erlebt eine neue Blüte.
Der private Grundbesitz wird weitgehend in Staatsbesitz zurückgeführt, die Verwaltung sehr straff geordnet, das Gerichtswesen erneuert. Alle staatliche Organisation zeichnet sich aus durch Straffheit, aber diese Straffheit ist nicht nur die aus der Kraft, wie sie sich aus den Ideen des Alten Reiches von selbst ergab, sondern diese Straffheit ist bewusste Zucht – liegen doch die Erkenntnisse des ersten Zusammenbruchs dazwischen. Pharao versteht sich nicht mehr problemlos in den Willen Gottes gestellt, sondern weiß vertieft um die menschliche Komponente seines eigenen Wesens und die Unzulänglichkeit seiner Untertanen. Der Ernst der königlichen Bildnisse dieser Zeit verrät die Bürde königlichen Amtes.
Häufig wird die Bevölkerung zwar noch zu Staatsarbeiten ausgehoben, aber damals entsteht als neue soziale Schicht ein selbstbewusstes Bürgertum. Der König unterhält eine starke Miliz, deren Tätigkeit mit Landbesitz belohnt wird. Nubien, mit dem Ägypten bisher in friedlichen Handelsbeziehungen stand, wird jetzt Ziel kriegerischer Eroberungen, da aus Innerafrika neue Völkerschaften andrängen. Über die südliche Grenze bei Elephantine greifen die pharaonischen Soldaten bis nach Semna aus. Mit Palästina un den phönizischen Seestädten geht reger Handel hin und her. Die Erzählung des Sinuhe, die zu den beliebtesten Literaturwerken von Ägypten gezählt hat und die eine Fülle zeitgeschichtlicher und religiös höchst beachtlicher Einzelheiten birgt, enthüllt als politisches Dokument ein farbenfrohes Bild von der Regheit und Vielseitigkeit der Beziehungen zwischen Ägypten und Asien. Ein Fund in Tod unter dem Pflaster eines Tempels bestätigt die Schilderung Sinuhes: Rollsiegel, Silberbaren und Keilschrifttafeln aus Mesopotamien füllen einen ägyptischen Kasten Amenemhets II.
Wirtschaftlich-kulturell ist die Entwässerung und Urbarmachung des Faijum hervorzuheben.