Das Neue Reich
Hatte Ägypten in der 1. Zwischenzeit (zwischen dem Alten Reich und dem Mittleren Reich) die Erfahrung inneren Versagens gemacht, so in der Hyksozeit erstmals die eines äußeren Erliegens. Ägypten war aufgerufen, sich mit der übrigen Welt auseinanderzusetzen, friedlich oder auch mit Gewalt. Es hatte sich im Kampf gegen die „Herrscher der Fremdländer“ geöffnet. In der 18. Dynastie (1555-1305) entwickelt sich lebhafter Austausch ebenso wie kriegerische Auseinandersetzung. Der vorderasiatische Kontinent war im Aufbruch, neue Großbereiche bildeten sich, Völkerschaften griffen imperialistisch aus, und Ägypten konnte sich nur halten, wenn es in Asien Vorposten schuf.
Amenophis I. und Thuthmosis I. stießen zu Beginn der 18. Dynastie im Norden bis zum Euphrat gegen das Reich der neu auf den Plan getretenen Mitanni vor, im Süden gewannen sie das unter den Hyksos schließlich abfallende Nubien zurück und rückten die Grenze nilaufwärts. Als willensstarke und kühne Fürstin regierte die Königin Hatschepsut, die sich mit aller Kraft den kulturellen und wirtschaftlichen Aufgaben zuwandte. Indes hat ihre Person nicht wenig erbrechtliches Wirrsal verursacht. Nach dem Tod ihres Gatten und Halbbruders Thuthmosis II. übernahm sie an Stelle ihres noch minderjährigen Stiefsohnes und Halbneffen Thuthmosis III. die Regierung, ließ sich im 2. Jahr der Regentschaft zum König ausrufen und verdrängte den zum Pharao proklamierten Thuthmosis III. für die Zeit ihres Lebens (sie selbst hatte nur eine Tochter geboren).
Die Legitimität ihrer Thronfolge ist von ihr dennoch und sogar dreifach erwiesen worden: durch Proklamation ihres Vaters, durch Orakel und durch göttliche Zeugung. Sei berichtet davon in dem von ihr erbauten Terassentempel von Dêr el-bahri, in dem sie auch die unter ihr durchgeführte Expedition nach dem Lande Punt schildert. Die in Thuthmosis III. aufgestaute Kraft entlud sich nach dem Tod der Herrscherin mit der Macht eines Vulkans. Seine außenpolitische Stoßrichtung zielt nach Palästina und Syrien, das er in nicht weniger als 17 Feldzügen bis Karkemisch unterwarf. In Nubien hat er die Grenze über den Dschebel Barkal am 4. Katarakt hinaus bis Abu Hamed vorgeschoben. Sein Hass gegen die Stiefmutter und Halbtante Hatschepsut machte sich Luft in der Verfolgung von Hatschepsuts Namen. Er scheute sich nicht, deshalb selbst ihre Obelisken in Karnak einzumauern.