Politisches System
Im politischen System Ägyptens spielt der Staatspräsident eine zentrale Rolle. Er ist nach der ägyptischen Verfassung mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet. Der Präsident ernennt und entlässt den Premierminister und die Minister, kann unter bestimmten Voraussetzungen das Parlament auflösen, ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und kann Verordnungen und Dekrete erlassen. Von ihm abgeschlossene Verträge haben Gesetzesrang. Er kann den Notstand ausrufen.
Ein Präsidentschaftskandidat wird vom Parlament vorgeschlagen und anschließend durch einen Volksentscheid bestätigt oder abgelehnt. Bis zum Jahr 2005 war es gemäß der Verfassung nicht möglich, dass mehrere Kandidaten vom Parlament benannt wurden. Die Amtsperiode des Präsidenten dauert 6 Jahre. Eine Wiederwahl ist unbegrenzt möglich.
Das ägyptische Parlament besteht aus zwei Kammern und ist nach britischem Vorbild aufgebaut. Die ägyptische Volksversammlung stellt das Unterhaus des Parlaments dar und ist das eigentliche gesetzgebende Gremium. Das Oberhaus, der so genannte Schura-Rat, besitzt fast ausschließlich beratende Kompetenzen.
Die Volksversammlung hat 454 Mitglieder, von denen 444 alle fünf Jahre direkt vom Volk gewählt werden. Die restlichen 10 Mitglieder werden vom Präsidenten ernannt. Das aktive Wahlrecht für die Volksversammlung besitzen alle Ägypter ab dem 18. Lebensjahr. Die Kandidaten für das Parlament müssen mindestens 30 Jahre alt sein.
Der Schura-Rat wurde per Verfassungsänderung im Jahr 1980 eingesetzt. Er hat 264 Mitglieder, von denen zwei Drittel alle 6 Jahre vom Volk gewählt und ein Drittel vom Präsidenten ernannt werden.
Die mit Abstand größte politische Partei Ägyptens ist die National-Demokratische Partei (NDP). Sie hat circa 2,5 Millionen Mitglieder und ist seit ihrer Gründung im Jahr 1978 Regierungspartei. Bisherige Parteivorsitzende waren die Präsidenten Muhammad Anwar as-Sadat und seit 1981 Muhammad Husni Mubarak. Mubarak legte im Zuge der ägyptischen Revolution 2011 das Amt des Parteivorsitzenden nieder. Die NDP hat in der derzeitigen Volksversammlung über 300 Sitze.
Die Muslimbruderschaft in Ägypten existiert seit 1928 und stellt im Parlament die größte Oppositionspartei dar. Da die Muslimbruderschaft offiziell verboten ist, sind ihre Mitglieder als unabhängige Kandidaten in der Volksversammlung vertreten. Während die 1 Million Mitglieder zählende Bruderschaft in der Vergangenheit eine streng islamistische Ideologie verfolgte, wird von ihr in jüngster Zeit vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse in Ägypten eine Demokratie mit islamistischen Einflüssen propagiert.
Weitere etablierte und im Parlament vertretene Parteien sind die nationalistische Neue Wafd-Partei, die Sozialistische Partei der Liberalen und die Nasseristen.